Ach! (Album)
Sven van Thom veröffentlicht sein zweites Album. Es trägt den Namen „Ach!“. Und das kann man durchaus als Verbeugung vor einem Altmeister des Deutschen Humors verstehen. Denn wer sich ausgiebig mit der Humoristenlegende Loriot auseinandergesetzt hat, der hat zu dem kleinen Wörtchen „ach“ mit hoher Wahrscheinlichkeit eine ganz besondere Beziehung. Kein Zweiter hat dieses Wort des Erstaunens, Zweifelns oder Erkennens so oft und gezielt in seiner Kunst eingesetzt wie dieser Vicco von Bülow. Ob die Platte abseits der Namensgebung noch weitere Bezüge zu Loriot aufweist? Sie werden es hören. Zumindest, soviel sei verraten: Die Szenerie der Rückgradlosen-Hymne „Ihr Vater ist ein Nazi (doch er mag mich)“ hätte so oder ähnlich wohl auch in einem Loriot-Sketch passieren können.
Wer Sven van Thoms Debüt „Phantomschmerz“ mochte, der wird mit großer Sicherheit auch „Ach!“ leicht in sein Herz schließen können. Wie gewohnt hangelt sich der kleine Berliner gekonnt von der Melancholie zur gelegentlichen Albernheit. Traurigkeit und Witz gehen dabei oft Hand in Hand. „Haare aus deinem Gesicht“, „Erinnern zu vergessen“ und „So schlimm ist es nicht“ beschreiben aufs Neue van Thoms Lieblingsthema: Die alteneue Geschichte der unerfüllten Liebe. Doch man findet auf „Ach!“ auch Momente, die komplett ohne den van-Thom-typischen Sarkasmus auskommen. „Was ich hab“ wagt, eingebettet in eine überraschend krachige Gitarrenwand, sogar einen kritischen Blick in das Seelenleben eines Menschen, der alles zu haben scheint und doch kein Glück findet. Und in „Halt die Zeit an“ beschreibt der 33-Jährige gar die dunklen Seiten des Älterwerdens, anhand einer nicht näher bestimmten Dame. Überhaupt spielt das Thema „Zeit“ eine große Rolle auf dem Album. Schon die erste Single-Auskopplung „Irgendwann“ ist ein Hochgesang auf die Nostalgie: „Und irgendwann werden wir uns einmal fragen: ‚Erinnerst Du Dich noch, wie schön es war?'“, heißt es da im Refrain. Und Ja, wenn wir die dazugehörigen Strophen hören, werden viele von uns ganz genau wissen, wovon dieser Mann da gerade singt. In der Mehrzahl der Lieder wird zurückgeblickt und sich erinnert. Der Höhepunkt dessen ist wohl das altersweise „Ich hab geweint, ich hab gelacht“ – ein Lied, das van Thom eigentlich für den betagten Country-Barden Gunther Gabriel geschrieben, ihm jedoch nie geschickt hatte. Es mag etwas irritierend sein, einen Mitte-Dreißig-Jährigen ein Lied singen zu hören, das wie ein finaler Rückblick aufs Leben klingt, und doch gibt die ruhige, tiefe Stimme van Thoms dem Lied genau die Ernsthaftigkeit, die es verdient hat.
Musikalisch bewegen sich die Lieder im gewohnt verspielten Rahmen zwischen Singer/Songwriter-Pop, Folk und Country, und das herrlich alberne „Scheiss Silvester“ wagt sogar mal einen zurückgelehnten Elektro-Beat mit schrulligem Poser-Gitarrensolo.
Es hat drei Jahre gedauert von „Phantomschmerz“ bis „Ach!“. Doch wie man so schön sagt: Das Warten hat sich gelohnt.
Titel:
01. Irgendwann
02. Haare aus Deinem Gesicht
03. Erinnern zu vergessen
04. Ihr Vater ist ein Nazi
05. Es hat einfach nicht gereicht
06. Ach, Liebe
07. Was ich hab
08. Ich hab geweint, ich hab gelacht
09. Polen (Spreewaldwalzer)
10. Scheiß Silvester
11. Ich werd Dich rächen
12. So schlimm ist es nicht
13. Halt die Zeit an
14. Wir zwei kommen nie zusammen
15. Deine Party ist nicht schön